Da es auf diesem Blog ja unter anderem darum gehen soll, wie weit mein Buchprojekt voranschreitet und an welcher Stelle ich mich im Moment befinde, werde ich euch heute einen kleinen Einblick geben.
Im letzten Post habe ich schon über den Anfang geschrieben. In meinem Kopf war plötzlich eine Idee, die mit jeder Sekunde lebendiger wurde und die all meine Fähigkeiten zu zeichnen überschritten hat. Also schrieb ich drauf los. Ohne eine Ahnung zu haben, wohin das Ganze einmal führen sollte. Ich wusste nicht, was ich damit mal erreichen will oder welchen Raum diese Idee einmal in meinem Leben einnehmen würde.
Der erste Entwurf
Die erste Seite war relativ schnell abgetippt. Bald darauf folgten weitere und ich war positiv überrascht davon, dass ich dazu fähig war, so viel Text in so kurzer Zeit aufzuschreiben. Ich schrieb und schrieb und schrieb und wie das so mit ersten Entwürfen ist, fingen die Charaktere irgendwann an, sich selbstständig zu machen. Es kamen plötzlich Dialoge vor, die ich gar nicht geplant hatte, Abgründe taten sich auf, Eigenschaften entwickelten sich. Es war, als würde ich selbst auf die Figuren treffen und sie kennenlernen. Wenn ich es mir bildlich vorstellen müsste, sähe die Szene so aus:
Die Handlung passiert und ich stehe daneben und sehe zu und staune. Mitten im Wald betrachte ich das alleinstehende Holzhaus, sehe die Fassade und frage mich, welche Geschichte hinter den verwobenen Efeuranken steckt. Warum sieht es so heruntergekommen aus? Und wie lange wohnt hier schon keiner mehr? Im nächsten Moment blicke ich den Jungen an, dem das Haus gehört und es ist, als würde er mir per Telepathie erzählen, was alles passiert ist. Ich sehe die Eiseskälte in seinen Augen und frage mich, wie es nur soweit kommen konnte? Doch neben dieser gefühlskalten Begegnung spüre ich auch Hilflosigkeit. Dieser Junge braucht meine Hilfe. Denn er weiß selbst nicht, woher er kommt oder wohin sein Weg ihn bringt. Wir wissen es beide nicht. Unsere gemeinsame Aufgabe ist es, das herauszufinden.
In der Vergangenheit hatte ich mir schon unzählige Figuren ausgedacht. Aber noch nie hatte ich solch einen intensiven Kontakt mit ihnen. Es entwickelte sich in den nächsten Tagen eine Art Sucht. Immer, wenn ich mich an das Dokument setzte, hatte ich das Gefühl, zu einer Verabredung zu gehen. So probierte ich mich aus und puzzelte mir meine Welt Stück für Stück zusammen. Ich fand Gefallen daran, zu schreiben und bereue bis heute keinen einzigen Satz.
Leider musste ich nach 13 Kapiteln (42 Din A4 Seiten in Word) aufgeben. Ich steckte in einer Sackgasse, die Ideen sprudelten über, aber sie passten nicht mehr zu dem, was ich aufgeschrieben hatte. Ich schrieb dann immer weniger und seltener. Nach 11 Monaten sah ich dann ein, dass diese Version der Geschichte keine Zukunft hatte.
So sah das also aus, wenn man ohne Planung oder Konzept loslegt.
Der zweite Entwurf
„Weißte was? Schreib ich halt von vorne!“ Mittlerweile hatte ich angefangen, einzelne Ideen für Szenen oder Abläufe auf Papier zu schreiben. Mir war nach dem letzten Versuch klargeworden, dass ich einen Plan brauchte. Ich wollte nicht wieder in eine Sackgasse laufen. Also begann ich damit, zu plotten. Dass man das so nennt, erfuhr ich erst Jahre später, aber genau das war es, was ich tat. Ich machte mir Gedanken um ein Ziel, um die ‚Guten‘ und die ‚Bösen‘, dachte mir Konflikte aus und Hürden, die bewältigt werden mussten und steckte die Charaktere selbst in schwierige Situationen. Je intensiver ich mich mit den Einzelheiten beschäftigte, desto besser lernte ich die Menschen kennen, die diese Geschichte durchlaufen sollten. Wobei die wirklichen Einzelheiten kaum zur Sprache kamen. Es ging bei meiner wilden Plotterei mehr um die groben Eckpunkte. Das passiert vorher, das passiert währenddessen und das passiert danach. Ich plottete mir die Finger wund. Es gab bestimmt zehn bis fünfzehn verschiedene Abläufe, immer lagen die Schwerpunkte woanders und jedes Mal ließ ich es anders enden. Auch die Anzahl der Bücher, die daraus mal resultieren sollte, änderte sich stetig.
Nebenbei schrieb ich. Über Jahre. Weil ich mich einfach nicht einigen konnte auf einen Handlungsstrang oder auf die Bedeutungen der Figuren. So richtig kannte ich sie nämlich immer noch nicht. Mit jedem Ablauf den ich kreierte, änderten sich auch ihre Lebensgeschichten. Klar, sie durchliefen da schon meinen Alltag, waren in meinem Kopf allgegenwärtig und noch heute vergeht keine Sekunde, in der ich nicht an mindestens eine der Figuren denke. Es ist Segen und Fluch zugleich würde ich sagen. Da Aufgeben für mich ein Fremdwort ist, blieb ich am Ball und tatsächlich schaffte ich es, die Geschichte abgeschlossen fertigzubringen. Also Band 1. An der Stelle sollte es noch mehrere geben.
72 Seiten, 64318 Wörter. Für einige klingt das jetzt nach einer recht niedrigen Zahl und nach wenig Text. Vor Allem, weil ich daran echt mindestens 5 Jahre saß. Ich könnte jetzt anfangen, mich zu verteidigen und sagen: „Schreiben war eben nie meine Priorität“ oder: „Ich war Anfängerin und wusste es nicht besser“ oder: „Ich habe das ja eh nur für mich gemacht. So nebenbei. Als stillschweigendes Hobby.“ Die Wahrheit ist, dass das mein Weg war. Die Erfahrungen, die ich in der Zeit gemacht habe, ließen mein Level langsam steigen, wie bei einem Rollenspiel-Onlinegame, bei dem man die ersten 50 Level nur Gegner der Stufe 1 schlägt. Mit einem Holzschwert und der schwächsten Rüstung die es gibt.
Diesen Entwurf zeigte ich einer Klassenkameradin. Sie war zu der Zeit der wohl größte Bücherwurm den ich kannte und sie nahm sich die Zeit, meine Geschichte zu lesen. Sie ist bis heute der einzige Mensch, der diese Version zu Gesicht bekommen hat und ihr Feedback war Goldwert. Sie fand sie nämlich „Der Hammer!“
Als Autorin hatte ich trotzdem noch so einiges auszusetzen daran, ließ das Skript aber erstmal liegen. So für ein paar Jahre.
Der dritte Entwurf
Dezember. 2020. Corona beherrschte die Welt, ich hing in Kurzarbeit zuhause rum und hatte endlich massenweise Zeit, um extrem für die Meisterschule zu lernen. Es war also genau der richtige Moment, um an der Geschichte zu arbeiten!
Versteht mich nicht falsch, ich habe gelernt. Und ich arbeitete permanent an der Geschichte. Das ganze Jahr schon füllte ich ein Notizbuch mit allen Ideen, die mir so kamen, ich schrieb auch immer wieder Szenen am Laptop. Und ja, es hat gedauert, ich habe lange gebraucht, um an diesen Punkt zu kommen, aber plötzlich fiel er mir ein: Der einzig wahre Plot der Geschichte. Alles machte plötzlich Sinn, die Figuren, ihre Handlungen, die Szenen, das Potenzial explodierte! Ich verstand schlagartig, warum meine Schöpfungen plötzlich taten, was sie taten, ich verstand, wie sich das Ende zusammensetzte, ich wusste auf einmal, wohin ich mit der Geschichte wollte. Es war wie eine Erleuchtung. Meine Reaktionen waren weit aufgerissene Augen und das wohl fetteste Grinsen, das mein Gesicht je mitmachen musste.
„Diesmal wirklich. Bis zum Ende!“
Ich weiß, dass manche Autor*innen ihre Bücher in Szenen schreiben und das dann im Anschluss in der richtigen Reihenfolge zusammensetzen. Für mich war klar, dass ich alles von vorne nach hinten aufschreiben wollte. Also begann ich erneut mit einer leeren Worddatei. Und diesmal achtete ich darauf, dass ich alles aufschreibe, egal wie es klingt, egal, wie blöd meine Ausdrucksweisen sind oder welche Worte ich verwende. Hauptsache vollständig. Hauptsache alles steht geschrieben. Den Rest kann ich später korrigieren.
Nach sechs Monaten war ich fertig. Genau einen Tag bevor ich meine finale Meisterprüfung hatte. So konnte ich diese ganz gechillt angehen. Das Manuskript hatte geschlagene 173 Din A4 Seiten und die Fortschritte, die ich während der Zeit gemacht habe, kann ich sehr deutlich an diesem Dokument erkennen. Zum Ende hin wird es sogar richtig gut (finde ich).
Ich weiß, man soll den „first draft“ nicht verschicken. Er ist für einen Selbst und zwar nur! Aber wenn ich mir so ansehe, was ich bisher gemacht habe, dann ist das zwar teilweise dahingeklatschte Rotze, aber nicht mein erster Entwurf. Denn der liegt Jahre zurück und war nur der Grundstein für das, was aktuell vorliegt. NATÜRLICH habe ich den Entwurf verschickt. Es war das zweite Mal, dass ich einen so langen Text fertiggestellt hatte und das erste Mal, dass ich am Ende trotz Fehler wirklich zufrieden war. Außerdem war das MEIN Text und damit konnte ich machen, was ich wollte :P Das Feedback war bisher auch recht positiv. Kritisch wegen der schlampigen Ausführung, aber positiv, was die Story angeht. Und darauf kam es mir an. Über die Sorgen, die ich dazu hatte, werde ich noch einen eigenen Artikel veröffentlichen, jetzt kommt es erstmal darauf an, dass nicht nur ich die Story gut finde.
Der vierte Entwurf
Ja. Der ist gerade in Arbeit. Da es mir heute mit dem Veröffentlichen sehr ernst ist, bin ich gerade dabei, diesen dritten Entwurf zu überarbeiten. Ich wusste, dass Schreiben sehr aufwendig ist und deswegen gehe ich die Sache mit Geduld an. Trotzdem aber mit dem Ziel, das Skript noch dieses Jahr ins Lektorat zu bringen. Aktuell bin ich kurz vor der Hälfte.
Kommentar hinzufügen
Kommentare